VWCORRADO-FORUM

Normale Version: Bremskraftregler Funktion / Einstellung
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Servus allerseits.

Als nicht als Mechaniker geborener wollte ich vor kurzem die Funktion des Bremskraftreglers recherchieren. Leider, nach ähnlichen Begriffen wie denen im Threadtitel gegooglet, kamen hunderttausend Threads wo stets danach gefragt wurde wie der BKR einzustellen wäre, jedoch kein einziges mal in den Antworten die grundsätzliche Funktion dieses Teils beschrieben wurde.

Ich würde mich also über eine kurze Erklärung freuen. Also, dass er die Bremskraftverteilung vorne vs. hinten regelt, schon klar - aber wie (mechanisch)?

Ebenfalls habe ich zur Abklärung (bezifferte) Fotos von der Stellung der Schraube ganz unten vs. ganz oben gemacht. Eine dieser Stellung muss maximale Bremskraft hinten sein, die andere minimale Bremskraft hinten. Bitte um Erklärung / Betitelung, welches Bild welche Bremskraftverteilung ist.

[attachment=47] [attachment=48]

Wenn diese grundsätzliche allgemeine Frage geklärt ist hänge ich mich dann noch mit einer meinen Fall betreffenden an.

Grüße
Stoneeh
Im T4-wiki wird es schön beschrieben:


Zitat:Durch die dynamische Achslastverlagerung verringert sich beim Bremsen die Gewichtskraft an den Hinterrädern, wodurch die übertragbare Bremskraft an den Hinterrädern abnimmt. Bei gleichen Bremsdruck an allen Radbremsen wird dies dazu führen, dass die Hinterachse vor der Vorderachse blockiert (Überbremsen). Die Hinterräder verlieren ihre Seitenführung und das Fahrzeug kann zu schleudern beginnen.

Der Bremsdruckminderer (auch Bremskraftregler, Bremskraftverteiler oder Bremsdruckregler genannt) verändert die Bremskraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse so, dass dieses Überbremsen jederzeit und lastunabhängig (Beladung, Kurvenfahrt etc.) vermieden wird. Zusammen mit den Komponenten zur mechanischen Ansteuerung des Bremsdruckminderers bildet er den 'automatischen und lastabhängigen Bremsdruckregler'.


Durch den Hebel wird quasi eine Blende betätigt, die den Durchfluss zu den hinteren Bremszangen vermindert. Umso weiter ausgefedert (z.b. beim starken Bremsen oder durch Kurvenfahrt), umso weniger Bremsdruck geht nach hinten, damit dich dein Heck nicht "überholt". Die hintere Achse wird auch spurführende Achse genannt, wenn die Führung z.b. durch blockieren der Räder entfällt, verlierst du die Kontrolle.
Andererseits kann durch Beladen des Fahrzeugs hinten mehr Bremskraft übertragen werden, sodass in dem Fall mehr Bremsdruck gewünscht wird.

Aus dem Grund ist das einstellen des BKR z.b. nach Wartung der Hinterachse oder Tieferlegung des Fahrzeugs unabdingbar.
VW sieht da ürbigens das Einstellen per Bremsdruckmessung vor, die Praxis bezieht sich da eher auf den Bremsenprüfstand.

Bezüglich deiner Bilder:
Bild "1" stellt den eher unbeladenen Zustand dar (bezogen auf den BKR)
Bild "2" stellt den beladenen Zustand dar, würde daher hinten deutlich mehr bremsen.
Vielen Dank Debo!


Mein konkretes Problem ist nun folgendes: meine aktuellen Bremsklötze, Tarox Corsa, habe ich auf beiden Achsen seit ca. 10 Jahren oben, oder so ca. 10-20tkm sportlicher Fahrweise. Die vorderen Klötze sind nun ca. 3/4 herunten, die hinteren erst ca. 1/4.

Der BKR war, soweit ich weiß, nach Werk eingestellt. Bzw., seit ein paar Jahren, seit ich ein Bilstein B12 verbaut hatte, wurde die Bremskraftverteilung entsprechend angepasst.

In all der Zeit, bzw. seit ich den Corrado habe, also auch schon mit dem Satz Bremsen davor, war es immer so, dass wenn bei der jährlichen KFG §57a-Überprüfung ("Pickerl") am Prüfstand die Bremskraft gemessen wurde, sie vorne am oberen Ende, hinten am unteren Ende von 2 kN liegt - also zB vorne 2,7, hinten 2,1 - das wären typische Werte. Als Vergleich, genau das Verhältnis hat zB auch mein Alltags-Golf TDI.

Nun, beim letzten Pickerl, war die Bremskraft hinten nur um 1,5 kN. Und ich kam im Nachhinein, erst die Tage drauf, dass mir irgendein Depp ohne meine Anweisung den Regler auf ca. Mittenstellung gestellt hatte.

Ich wusste nun leider nicht mehr, welche Einstellung was ist - darum (und auch zur Dokumentation für die Allgemeinheit) die Nachfrage. Ich pass das jetzt an, und fahr dann die Tage nochmal zum ÖAMTC auf den Bremsenprüfstand zur Überprüfung - ich hoffe dass ich dann wieder bei den normalen etwas über 2 kN lande.

Ich bin übrigens beide auf den Fotos zu sehenden Einstellungen probegefahren, um zu sehen ob ich rein vom Fahrgefühl her einen Unterschied bemerke. Leider nein. Auch andere Indikatoren, wie Wärme- und Bremsstaubentwicklung, haben keinen merkbaren Unterschied gezeigt. Darum war ich nun sowieso mal skeptisch, ob mein BKR überhaupt noch funktioniert. Aber ich denke das werden wir die Tage dann am Prüfstand sehen.

Warum trotz über die Jahre normaler Einstellung des BKR die Bremskraft hinten im Schnitt so viel niedriger lag, wie man an der Abnützung der Beläge gemerkt hat, frage ich mich in jedem Fall. Hinten bremst er aufgrund kleinerer Bremse ja sowieso prinzipbedingt schwächer - das soll/muss man dann ja nicht noch weiter runterregeln. Mit dem Fahrwerk und modernen hochwertigen Sommerreifen bringst du die Räder mit dem Bremsdurchmesser hinten auf trockener Fahrbahn sowieso nicht zum blockieren - wenn ich die Handbremse voll anreiße zB bremst er nur kräftig, quietschen und blockieren tut nix.

Nun gut. Nachdem ich auf dem Prüfstand war kommt hier auf jeden Fall wieder ein Update. Wenn wer vorher noch meine Ausführungen kommentieren will / kann, sehr gerne.
Um das mal abzuschließen: nach Verstellung auf mehr Bremskraft hinten waren's 1,7 kN am Prüfstand. Dann wurde Flüssigkeit gewechselt, was anscheinend einen nicht unbeträchtlichen Effekt hatte, da danach wieder knapp über 2 kN auf der Prüfstandanzeige standen. Gefühlt bremst er immer noch wenig hinten, was man auch nach wie vor an der grob unterschiedlichen Bremsstaubentwicklung vorne vs. hinten merkt; aber insg. bremst er mehr als gut genug und sehr ich die Sache mit dato trotzdem mal als abgehakt.
An und für sich gibt es ein Prozedere wie der BKR richtig eingestellt werden soll, um eben ein überbremsen der Hinterachse zu verhindern.
In der Praxis wird es aber egal sein, da die Corrados, wenn auch nicht hochmodernen, ABS ausgerüstet sind.
Allerdings kann es bei einem Ausfall des ABS eben zu einem Überbremsen der Hinterachse kommen, wenn der BKR nicht richtig eingestellt ist, und zuviel Bremsdruck an die Hinterachse lässt.

Wohlgemerkt, die Einstellung kann wahrscheinlich gar nicht mehr richtig vorgenommen werden, da wissendes Personal, Einstellanleitungen und die Instrumente dafür vermutlich nicht mehr vorhanden sind...

Unsere Autos werden eben alt. Mein G60 wird im Jänner 34, eigentlich ein Wahnsinn, dass da noch alles ohne gröbere Probleme funktioniert...
Danke für das Feedback, finde ich auch Interessant. Mit meiner BKR-Einstellung und neuer Bremse kam ich übrigens kaum auf 1.5 kN, aber die ATE Scheiben sind ja auch so Beschichtet und ich bin auf direktem Wege zum Prüfer gefahren. Der war dann zufrieden, da keine L/R Abweichung vorhanden und alles gängig war.

(04.10.2022, 15:43)stoneeh schrieb: [ -> ]Mit dem Fahrwerk und modernen hochwertigen Sommerreifen bringst du die Räder mit dem Bremsdurchmesser hinten auf trockener Fahrbahn sowieso nicht zum blockieren - wenn ich die Handbremse voll anreiße zB bremst er nur kräftig, quietschen und blockieren tut nix.

Das macht für mich schon Sinn, da man auch vom Durchschnittsfahrer "damals" ausgehen muss. Grade die VR6 waren damals ja schon eine Ansage und der Wagen musste mit der einmaligen Einstellung ja auch bei Nässe, Laub, Regen, Eis und einem evtl. unerfahrenen Fahrer funktionieren, bzw. häufig sind sowas auch Dinge, die zur Marktfreigabe gehören. Dort werden Fahrmanöver durchgeführt, die ein Überbremsen in Ausnahmesituationen provozieren.
Das dies nun mit einem geübten Fahrer, modernen Niederquerschnittsreifen, fahren nur bei Trockenheit bzw. im Sommer und in dem Fall noch ein modernes Fahrwerk ein anderes Thema ist, wurde damals natürlich nicht berücksichtigt. Also ja, ich denke schon, dass man ein bisschen mehr Bremse hinten erlauben kann Wink

(16.10.2022, 17:36)stoneeh schrieb: [ -> ]Um das mal abzuschließen: nach Verstellung auf mehr Bremskraft hinten waren's 1,7 kN am Prüfstand. Dann wurde Flüssigkeit gewechselt, was anscheinend einen nicht unbeträchtlichen Effekt hatte, da danach wieder knapp über 2 kN auf der Prüfstandanzeige standen. Gefühlt bremst er immer noch wenig hinten, was man auch nach wie vor an der grob unterschiedlichen Bremsstaubentwicklung vorne vs. hinten merkt; aber insg. bremst er mehr als gut genug und sehr ich die Sache mit dato trotzdem mal als abgehakt.

Die Bremse hinten staubt natürlich schon durch den kleineren Belag weniger Smile
Auch die Flüssigkeit macht für mich Sinn. Diese ist ja "hygroskopisch", d.h. Wasseranziehend. Die Luftfeuchtigkeit bzw. auch Regenwasser diffundiert durch die Schläuche und Verbindungen in ganz kleinem Maße. Durch diese Feuchtigkeit oxidiert dann auch die Bremsflüssigkeit (-> wird dunkel) und altert somit. Ebenso kann die Feuchtigkeit dann mit Wärme zusammen zu Blasenbildung führen - diese Blasen sind dann natürlich komprimierbar, führen also zu weniger Bremsleistung am Rad.

Was sich nun groß anhört und sicherlich auch in Extremfällen so sein kann, passiert aber normalerweise und unkritisch eben in mikroskopisch kleiner Form.

In welcher Stellung bist du denn nun? Magst du davon noch ein Foto einstellen? Würde es gerne mit meiner BKR-Einstellung vergleichen.

(17.10.2022, 11:03)G60Pete schrieb: [ -> ]Wohlgemerkt, die Einstellung kann wahrscheinlich gar nicht mehr richtig vorgenommen werden, da wissendes Personal, Einstellanleitungen und die Instrumente dafür vermutlich nicht mehr vorhanden sind...

Alles richtig was du sagst Smile
Die Unterlagen sind aber abrufbar und die Werkzeuge auch noch verfügbar (wenngleich in den meisten Werkstätten natürlich längst ausgemustert Cool 

Siehe hier:

Ja, good point - wenn man auf alle Witterungen und Fahrbahnzustände sicher (d.h. kein blockieren hinten möglich) abstimmen will, dann landet man bei einer ganz anderen Einstellung als wenn man maximale Bremsleistung im warmen & trockenen, mit 30 Jahre moderneren / besseren Sommerreifen vs. wenn das Fahrzeug rauskam, will.

Aktuell fahr ich mit dem Regler auf so 70, 80% der maximalen Bremskraft hinten. Aber ich glaube ich stell den das nächste mal wenn ich unter dem Fahrzeug bin einfach auf Maximum. Das passt schon. Ich kann mich ja eigtl. gar nicht erinnern wann ich überhaupt das letzte mal einen ABS-Eingriff bei dem Fahrzeug verspürt habe - nichtmal an der Vorderachse.